Konzert November 2006
Rheinische Post (Ausgabe Grenzland Kurier) vom 22.11.2006
Schwung wie bei einem Ball der Engel
In lauter Moll, schmerzlich und verklärend, tauchte das Sinfonieorchester OPUS 125 am Volkstrauertag die Pfarrkirche St. Clemens in Süchteln. Die gut gefüllten Reihen verhinderten leider nicht, dass wabernder Nachhall im Raum sowohl die Klangbalance als auch die Verständlichkeit der Musik beeinträchtigten. Das Problem zeigte sich schon beim eindrucksvollen solistischen Vorspiel der Geigerin Jana Frasch (Eugène Ysaye, Sonate Nr. 3, op. 27 „Ballade”), die in diesem Jahr den Nachwuchsförderpreis des Orchesters erhielt.
Programmatisch und personell hatte der Orchesterleiter Michael Mengen aus dem Vollen geschöpft: Anton Bruckners „Ouvertüre g-Moll” von 1863, eine Studie mit unverkennbar persönlicher Sprache, Gustav Mahlers „Adagietto” (aus der 5. Sinfonie) und die „Kindertotenlieder”, tiefste Seelenpein in hochverfeinerter Manier, und zuletzt als emotionalen und kompositorischen Kontrapunktpunkt die 1829/30 entstandene „Reformationssinfonie” d-Moll von Felix Mendelssohn. All das verlangte eine Riesenbesetzung mit Instrumenten wie Harfe, Bassklarinette oder Kontrafagott, die natürlich nicht komplett aus den eigenen Reihen gestellt werden konnte, sondern durch Projektmitglieder verstärkt wurde. Vom technischen Anspruch her kam die Werkauswahl einem Griff nach orchestralen Sternen am Profihimmel gleich, durchaus mit dem Risiko einer Bauchlandung.
Doch das Orchester bewegte sich insgesamt auf respektabler Höhe mit Schwankungen nach oben und unten. In Bodennähe geriet das „Adagietto” für Streicher und Harfe. Hier fehlte einerseits die nötige Klasse der hohen Streicher, andererseits die Ruhe eines nicht zählenden, sondern gemeinsam atmenden Empfindens, um die dicht gesponnene melancholische Süße in instrumentalen Gesang zu verwandeln.
Die Bläser waren an fast allen Pulten so gut besetzt, dass sie die Anforderungen der „Kindertotenlieder”, äußerste Expressivität in pointillistischen Hörbildern, erfüllen konnten. Da Mengen dem Orchester dabei zu viel Stärke gab und den Sänger nicht ausdrücklich mitnahm, musste Franz Gerihsen seine voll timbrierte, an sich gut geführte Baritonstimme teilweise forcieren. Insgesamt jedoch gelang Mengen viel Gutes bei der Wahl der Tempi, der Gestaltung von Übergängen und dem Einsatz dynamischer Mittel.
Duftiger Schwung wie bei einem Ball der Engel trug im zweiten Satz der „Reformations-Sinfonie” (dem spielerischen Höhepunkt des Konzerts) weit weg von Trauer und Erdensschwere.